Text und Bilder: Peter Verburg
Übersetzung: Ulli Bauer
Vor ungefähr einem Jahr beschloss ich, mich an der Nachzucht von Atya gabonensis zu versuchen. Also setzte ich ein Artaquarium nur für die Gabun-Fächergarnele auf. Nachdem ich siebenmal tragende A. gabonensis aus dem Becken gefischt und danach die Larven langsam innerhalb von Tagen oder Wochen wegsterben gesehen hatte, hatte ich endlich Erfolg. Dies ist mein Zuchtbericht, und ich hoffe, dass er vielen anderen bei der Nachzucht dieser faszinierenden Tiere hilft.
Das Artaquarium für Atya gabonensis
Ich halte 10 Atya gabonensis (4-10 cm) in einem 80-cm-Becken. Der Bodengrund besteht aus Sand, die Einrichtung aus vielen aufgeschichteten Kieselsteinen. Das Becken ist mit einer großen Zahl Aufsitzerpflanzen wie Anubias und Javafarn bepflanzt, und ich habe auch eine schöne Wurzel (Spiderwood/Rote Moorwurzel) eingesetzt. Durch die starke Bepflanzung entstehen ausgedehnte schattige Bereiche, was den Tieren sehr entgegen kommt.
Ich habe eine Strömungspumpe verbaut, die 3000 Liter pro Stunde schafft, und ich filtere über einen Aquaflow200, der pro Stunde etwa 400 Liter Wasser fördert. Die Wasserströmungen verstärken sich gegenseitig. Den Filterschwamm wasche ich dreimal wöchentlich aus, was den Garnelen gut zu tun scheint. Die Wasserwerte sind:
- pH: 7,8
- GH: 11
- KH: 8
- NO3: 20-30
- Temperatur: 26 °C
- Leitwert: 300 ppm

Eine der drei tragenden Garnelen im Becken.
Das Entlassbecken
Das Becken, in das die tragenden Garnelenweibchen gesetzt werden, ist ein einfaches 15-Liter-Aquarium ohne Bodengrund. Etwas Nixkraut sorgt für etwas Grün. Außerdem habe ich einen Luftschlauch ohne Sprudelstein im Becken angebracht, um das Wasser etwas in Bewegung zu halten. Dieses Becken wurde mit Wasser aus dem großen Aquarium befüllt, die Wasserwerte sind also exakt dieselben. Während der Tragezeit habe ich die Weibchen weiter gefüttert und zweimal pro Woche 50% des Wassers gewechselt, weil das Becken ohne Filterung läuft. Die Larven sind trotzdem alle acht Mal problemlos geschlüpft. Nach dem Schlüpfen muss das Muttertier so schnell wie möglich aus dem Becken, es kann bis zu 80% seiner Nachkommen in einer Nacht fressen; das Weibchen fängt sie mit seinen Fächern.

Frisch geschlüpfte Larven
Das Salzwasser-Aufzuchtbecken
Auch das Aufzuchtbecken ist ein einfaches 15-Liter-Aquarium ohne Bodengrund. Es wird auf 27 bis 28 °C aufgeheizt. Auch in diesem Becken befindet sich ein Luftschlauch ohne Sprudelstein, der wenige Blasen entlässt. Das Wasser wurde mit 30 g pro Liter (1.020-1.021) aufgesalzen. Es wurde 10 Tage vor dem Schlupf der Larven angesetzt. 75% des Wassers stammen aus dem großen Becken, damit etwas Nitrat eingebracht wird, 25% sind frisches Leitungswasser (versucht das nicht bei euch zu Hause, wenn ihr kein so qualitativ sehr gutes Leitungswasser habt wie ich in den Niederlanden). Als sich das Salz aufgelöst hatte, gab ich 10 Tropfen lebendes Phytoplankton (Phyto Plus Opti Ocean Live) zu. Nach wenigen Tagen wurde das Wasser leicht grünlich, nach 10 Tagen war es wunderbar dunkelgrün. Das Wasser in diesem Becken wurde nicht gewechselt. Ich verließ mich darauf, dass die Algen NO2 und NO3 vollständig verbrauchen, und ich denke, dass sie diese Aufgabe sehr gut erfüllt haben.
Das Süßwasser-Aufzuchtbecken
Hier haben wir ein 25 Liter fassendes Becken, das mit Wasser aus dem großen Becken befüllt wurde. Hier ist ebenfalls kein Bodengrund im Aquarium, es ist aber mit einem Aquaflow100-Filter ausgerüstet. Ich habe allerdings einige Öffnungen verschlossen, damit die kleinen Garnelen nicht ins Innere gelangen können. Ein Schwammfilter wäre mit Sicherheit besser und sicherer, ich hatte zu dem Zeitpunkt nur leider keinen zur Hand. Im Becken befinden sich auch drei Sprudelsteine, die für eine starke Wasserbewegung sorgen. Auf dem Boden liegt ein Lavastein, damit sich die Tiere festhalten bzw. sich darunter verstecken können.
Die jungen Garnelen

16 Tage alte Larven
Während des Wachstumsprozesses war es beinahe unmöglich, die Larven zu fotografieren, weil das Wasser durch die starke Algenblüte weitgehend undurchsichtig war. Das Larvenwachstum ist jedoch dem der Caridina multidentata sehr ähnlich. Im Netz findet man sehr viele Berichte über die Aufzucht von Amanogarnelen, bei vielen findet ihr gute Bilder der Larven. Die Larven der Gabun-Fächergarnele sind zu Beginn sehr klein, nur ca. 2 mm lang. In diesem Stadium schweben sie kopfüber im Wasser. Die Larven wachsen sehr langsam. Bei einer Länge von 4 mm entwickeln die Tiere einen kleinen Buckel. Während des Wachstums färben sich die vorher transparenten Tiere rötlich. In dieser Phase schweben die Tiere nach wie vor kopfüber in der Strömung.

oben: 30 Tage alte Postlarve
unten: die Postlarve hat das Umsetzen in Süßwasser leider nicht überlebt
Wenn sie eine Länge von ca. 7 mm erreicht haben, wandeln sie sich um und schwimmen schnell geradeaus, anstatt nur im Wasser zu schweben. Zu diesem Zeitpunkt versuchte ich, eines der Tiere ins Süßwasser zu überführen, wie ich es oft bei Caridina multidentata getan hatte. Leider starb die Larve nach zwei Minuten; sie können offenbar zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Süßwasser überleben, sie müssen sich notch einmal häuten. Nach dieser Häutung haben sie dann auch winzige, voll entwickelte Fächer, die allerdings nur schwer zu sehen sind. Wenn sie aktiv zu schwimmen beginnen, kann man sie umsetzen. Dazu sollte man sie in eine Schüssel mit Salzwasser aus dem Aufzuchtbecken setzen und langsam Süßwasser zugeben, bis sie in reinem Süßwasser sitzen. Bei mir dauerte dieser Prozess 14 Tage. Ich dachte mir, wenn sie in der Natur zu schwimmen beginnen, sind sie ja noch im Salzwasser, müssen aber langsam wieder ins Süßwasser zurückwandern. Das hat gut funktioniert, die abnehmende Salinität half ihnen bei der Häutung, und sie entwickelten sich zu Junggarnelen. Sie häuten sich auch in Salzwasser, aber wenn sie nicht ins Süßwasser kommen, sterben sie nach wenigen Tagen. Sobald sie ihre Fächer haben, müssen sie umgewöhnt werden
Fütterung
Die Larven wurden mit dreierlei Futtersorten gefüttert. Einmal verwendete ich Liquizell, dann Premium Aty XXS Dust und lebendes Phytoplankton, Phyto Plus von Opti Ocean (hatte ich auf Ebay erstanden). Wie ich weiter oben bereits erwähnte, impfte ich das Salzwasseraquarium mit 10 Tropfen Phyto Plus an, um das Algenwachstum anzukurbeln. Während der Aufzucht fütterte ich die Larven zwei Tage lang mit je zwei Tropfen Phyto Plus, und einen Tag mit zwei Tropfen Liquizell. Staubfutter gab ich jeden Tag, aber nur so viel, wie noch an meinen Fingern haftete, nachdem ich die großen Fächergarnelen gefüttert hatte. Beide Flaschen muss man vor Gebrauch gut schütteln, weil sich das Futter absetzt. Ich rührte das Salzwasserbecken jedes Mal um, wenn ich daran vorbeikam, um die Algen vom Boden aufzurühren, damit die Larven sich daran bedienen konnten.
Die adulten Gabun-Fächergarnelen in meinem 80-cm-Becken werden zweimal täglich mit Staubfutter gefüttert, einmal mit Aty XXS und einmal mit einer Mischung aus Garnelenpellets, die ich staubfein zermahle. Die Junggarnelen im Süßwasser-Aufzuchtbecken bekommen aberwitzige Mengen Futter, bis zu viermal täglich. Ich muss hier also oft Wasser wechseln, da diese Futtermenge benötigt wird. Nach einem Monat im Süßwasser begannen die Jungtiere zu sterben. Dieses Phänomen hörte auf, als ich anfing, vergleichsweise riesenhafte Mengen in diesem kleinen Becken zu füttern.
Temperatur: Zunächst hatte ich 24 °C im 80-cm-Becken, da wurde aber kein Tier tragend. Meine Freundin Ingrid gab mir dann den guten Tip, eine stärkere Strömungspumpe einzubauen; ihre Atya scabra hatten erst Eier angesetzt, nachdem sie für mehr Strömung gesorgt hatte. Also gab es bei mir ebenfalls ein Pumpen-Upgrade. Gleichzeitig wärmte die Sonne meinen Zuchtraum stärker auf, und auch das große Aquarium (das ziemlich weit oben steht) wurde wärmer. Als die Temperatur bei 26 oder 27 °C lag, setzten die A. gabonensis-Weibchen Eier an. Seither halte ich die Tiere bei 26 °C, was ihnen sichtlich gut tut.
Beleuchtung: Ich verwende ausschließlich die Standardbeleuchtung der Becken. Das Licht brannte 11,5 Stunden täglich, nur über dem Salzwasserbecken ließ ich es durchgehend an. Ich hatte nämlich gehört, dass die Larven Licht brauchen, um sich zu orientieren, und dass sie in völliger Dunkelheit sterben. Ich weiß aus eigenen Beobachtungen, dass sie tatsächlich immer zum Licht schwimmen, weiß aber nicht, ob sie wirklich sterben, wenn sie im Dunkeln sind. Ich wollte aber keinerlei unnötiges Risiko eingehen!
Belüftung: Im Entlassbecken und im Salzwasserbecken verwende ich nur einen Luftschlauch ohne Sprudelstein, damit die Blasen nicht zu klein werden. Es heißt, sehr kleine Luftblasen könnten sich an die Larven anheften, was die Tiere letzten Endes umbringen würde. Ich weiß nicht genau, ob das wirklich stimmt, aber ich wollte ja keine unnötigen Risiken eingehen. Im Süßwasser-Aufzuchtbecken belüfte ich ausgesprochen stark, mit drei großen Sprudelsteinen. Dort sind die Garnelen schon groß genug, und die Blasen sorgen für eine gute Strömung, in der die Tiere sich ihr Futter gut fangen können.
Salzwasser: Ich war mit Meersalz von Reef Crystals erfolgreich. Mit anderen Marken hat die Aufzucht bei mir nicht funktioniert. Das Salzwasser muss jedes Mal frisch angesetzt werden, in „älterem“ Salzwasser sterben die Larven sehr schnell ab. Mit aufgesalzenem Leitungs- oder auch Osmosewasser ging ebenfalls nichts. Ich versuchte auch, das Entlassbecken einfach aufzusalzen, aber die Larven starben nach zwei Wochen. Es ist natürlich nicht umöglich, die Tiere nach einer anderen Methode als der meinen aufzuziehen, aber bei mir hat nichts anderes funktioniert.
Überlebensdauer der Larven in Süßwasser: Ich machte einen Versuch, wie lange die Larven wohl in Süßwasser überleben können. Nach 7 Tagen nahm ihre Zahl stark ab, und nach 9 Tagen war keine mehr am Leben. Es ist aber gut zu wissen, dass die Larven eine knappe Woche in Süßwasser überleben können.
Gewöhnung ans Salzwasser, Gewöhnung ans Süßwasser: Ich füllte 14 Liter Salzwasser in das Salzwasserbecken. Als die Larven geschlüpft waren, fing ich das Weibchen heraus, und ich ließ fast das komplette Wasser aus dem Entlassbecken ab. Ich schützte das Schlauchende im Becken mit einem Artemiasieb, damit ich nicht aus Versehen eine Larve einsaugte. Als nur noch ein Liter im Becken war, in dem alle Larven saßen, füllte ich mit einem geknoteten Luftschlauch tropfenweise Salzwasser auf. Bis das Becken voll war, dauerte es so etwa zwei Stunden. Man kann die Larven auch mit einem Artemiensieb herausfangen und sie direkt ins Salzwasser setzen, allerdings sind mir mit der Methode ca. 50% der Larven gestorben. Die fertig entwickelten Junggarnelen werden am besten über zwei Wochen hinweg ans Süßwasser gewöhnt. Ich versuchte, diesen Zeitraum auf vier Tage zu verkürzen, leider starb mir dabei die Hälfte der Tiere.
Fazit: Ich hatte keinen besonders guten Start, weil das Muttertier fast alle Larven in einer Nacht verputzt hatte. Die Entwicklung von der Larve zur fertigen Garnele dauerte ungefähr einen Monat. Ich sah die erste Junggarnele nach 33 Tagen, die letzte Postlarve durchlief die Metamorphose zur Junggarnele nach 44 Tagen. Ich konnte alles in allem 35 Junggarnelen ins Süßwasser umsetzen. Leider starben während der ersten Wochen noch einige von ihnen, dies hörte aber auf, als ich die Futtermenge erhöhte. Nach zwei Monaten habe ich nun noch 13 Fächergarnelen. Seit über einem Monat ist auch keine mehr gestorben. Sie sind nun ca. 13 bis 14 mm lang und wachsen sehr langsam, wie adulte Atya gabonensis auch.