Ungebetene Gäste, die hin und wieder in unseren Aquarien auftauchen, sind Libellenlarven. Man unterscheidet zwischen Groß- und Kleinlibellenlarven, wobei die Kleinlibellenlarve etwas häufiger in Aquarien anzutreffen ist.

Großlibellenlarve
Bild: I. Ditzel, über Wikimedia Commons
Manche Großlibellenlarven sind gedrungen, es gibt aber auch Arten mit einem länglichen Hinterleib. Immer besitzen sie jedoch fünf stachelförmige Klappen am Körperende, die sogenannte Schwanzpyramide, anhand derer man sie sicher identifizieren kann. Großlibellenlarven können eine beeindruckende Größe erreichen
Kleinlibellenlarven sind immer langgestreckt und haben drei Tracheenkiemenblätter am Körperende. Diese Anhängsel sind oft blattförmig, können aber je nach Art auch fadenförmig verdickt sein. Sie unterstützen nicht nur die Atmung, sondern dienen auch als Steuerruder. Die eigentlichen Atmungsorgane liegen wie bei Großlibellenlarven auch im Enddarm.
Kleinlibellenlarven kann man leicht mit Eintagsfliegenlarven verwechseln, deren Schwanzanhängsel sind aber immer faden- oder feder-, niemals blattförmig.
Libellenlarven finden in den meisten Fällen über Pflanzen den Weg in unsere Becken. Das sind dann meist die Larven von den Arten, welche die Eier in Wasserpflanzen einstechen (endophytisch). Nur sehr selten kommt es vor, dass sich eine Libelle in unsere Wohnung verirrt und das unabgedeckte Aquarium zum Absetzen ihrer Eier hernimmt, indem sie die Eier im Flug ins Wasser abwerfen oder unter Wasser am Substrat abstreifen (exophytisch). Libellenlarven können aber auch in den Pflanzen sitzen – sie sind sehr gut getarnt und lassen sich nur bei genauem Hinschauen entdecken.
Eine Libellenlarve in einem Aquarium mit Fischen wird wahrscheinlich von diesen zuerst entdeckt und verspeist, noch bevor wir die Chance haben, den unfreiwilligen Gast zu Gesicht zu bekommen. Findet eine Libellenlarve den Weg in ein Garnelenartenbecken, sieht es allerdings anders aus. Da ist die räuberische Larve diejenige, die den Garnelen gefährlich wird.
Denn die Libellenlarven lauern ihren Beutetieren, in diesem Fall den Garnelen, auf, schnappen diese mit ihrer ausklappbaren Fangmaske und fressen sie auf. Diese Fangmaske entstand im Laufe der Entwicklungsgeschichte aus der Unterlippe (Labium) der Libelle. Sie besitzt neben den beiden Fanghaken noch zwei bewegliche Zähne und kann in der unglaublich kurzen Zeit von nur 20 Tausendstel Sekunden herausgeschnellt werden. Aus dieser Fangmaske kann so gut wie kein Beutetier mehr entkommen. Die Larve zerkleinert ihre Beute nach dem Fang mit ihrem verhältnismäßig starken Kauwerkzeug (Mandibel).
Nicht immer fällt einem am schwindenden Besatz die Anwesenheit einer Libellenlarve auf. Eine Großlibellenlarve erlegt ca. 2 Beutetiere in der Woche, die ungefähr halb so groß sind wie sie selbst. Die Larven brauchen nicht viel zu fressen, da sie sich außerhalb der „Jagd“ wenig und langsam bewegen; ihr Energieverbrauch ist vernachlässigbar. Das und ihre optimale Tarnung ist ein Grund, warum wir Libellenlarven selten zu Gesicht bekommen. Arten mit dunkler Larvalfärbung halten sich vorwiegend am Bodengrund auf, grüne oder bunte Arten verstecken sich eher in den Pflanzen.
Oft ist jedoch dort, wo eine Libellenlarve entdeckt wurde, mindestens noch eine weitere. Wenn es sich um eine Art handelt, die ihr Gelege in Pflanzengewebe einsticht, ist die Möglichkeit von acht bis zehn weiteren Artgenossen durchaus gegeben.
Es ist nicht ungewöhnlich dass eine Libellenlarve erst Monate nach dem Einbringen neuer Pflanzen auftaucht. Denn die Spanne, die einzelne Arten als Larve im Wasser verbringen, reicht in Mitteleuropa von etwa drei Monaten bis immerhin zu fünf Jahren, wobei eine ein- oder zweijährige Larvalentwicklung der am häufigsten vorkommende Fall ist. Dabei durchlaufen Kleinlibellen zehn, Großlibellen bis zu fünfzehn kontinuierlich größer werdende Larvenstadien, die jeweils mit einer Häutung abgeschlossen werden.
Vermehren können sich Libellenlarven selbst nicht, sie sind (wie der Name ja schon sagt) lediglich Larven der Libelle.
Hat man den Störenfried im Aquarium endlich doch ausgemacht, stellt sich die Frage, was mit ihm geschehen soll. Einheimische Libellen und deren Larven stehen bei uns unter Naturschutz, d.h. sie dürfen der Natur nicht entnommen oder gar getötet werden. Man müsste sie also entweder in einem separaten Behältnis groß ziehen oder sie in einen Teich entlassen. Wenn man sich nicht sicher ist, ob man es mit einer heimischen Libellenlarve zu tun hat, oder ob die Tiere mit einer Pflanze aus dem Ausland kamen und daher durch ihre Freilassung die Gefahr der Faunenverfälschung im Raum stehen würde, sollte man sich an die jeweils zuständige Naturschutzbehörde wenden, die sicherlich gerne bei der Bestimmung behilflich ist.
Zur Gefahr der Faunenverfälschung: Kipping, J. (2006): Globalisierung und Libellen – Verschleppung von exotischen Libellenarten nach Deutschland (Odonata: Coenagrionidae, Libellulidae). – Libellula 25 (1/2), S. 109-116.
Fragen? Anregungen? Bitte hier entlang.