Stefan Hummel, Chris Lukhaup und Michael Lo werden die nächsten Tage von der 5. Plantahuntertour berichten. Auf dem Tourplan stehen viele Cryptocorynen und natürlich auch die endemischen Bucephalandra-Arten bzw. -Varianten. Dieses Mal musste es der Dschungel von Borneo sein, genauer gesagt: Sarawak, der malaiische Teil der drittgrößten Insel der Welt.
11. Juli 2013
Die ersten Impressionen aus Sarawak. Heute allerdings haben wir uns erst einmal nicht um Pflanzen gekümmert, sondern wenige Kilometer nördlich von Kuching im Nationalpark von Baku die Schlammspringer und deren WG-Genossen, die Winkerkrabben, angeschaut. Besonders die blaue Variante hatte es uns angetan. Mindestens 8 Arten an Krabben konnten wir auf engem Raum erkennen.
Weiter ging es dann zum Nationalpark Gunung Gading, der etwa 70 Minuten entfernt ist. Die Hauptattraktion dieses Parks ist die wunderschöne und auch bizarre Rafflesia arnoldi, eine der größten Blüten der Welt.
Auf der Rückfahrt zu unserem Hotel machten wir einen kurzen Zwischenstopp an einem grossen Fluss. Hier konnten wir mehrere Garnelenarten fangen, von denen die meisten recht farblos waren. An einem weiteren Zwischenstopp zeigte uns Michael auch die ersten Cryptocorynen. Es handelte sich um eine recht grosswüchsige Art, die auch oft im Brackwasser zu finden ist.
Morgen geht’s zu verschiedenen kleinen Bächen. Mal sehen, womit Sarawak uns überrascht!
[nggallery id=423]
12. Juli 2013
Am zweiten Tag sind wir hauptsächlich ins Zentrum von Sarawak gefahren … an einer Stelle haben wir gehalten, weil es hieß, dort gebe es schöne Cryptocorynen, aber wegen der starken Regefälle war der Wasserstand viel zu hoch. Außerdem warnten uns ein paar Einheimische vor Krokodilen, und daher änderten wir unsere Pläne und gingen anderswohin. Dort fanden wir ein paar schöne Cryptocoryne auriculata. Leider findet man diese Cryptos nicht im Handel. Es wurde dann schon bald dunkel, aber um diese Zeit kann man am besten Insekten fotografieren. Also habe ich diese wunderschöne Libelle abgelichtet und auch sonst noch hübsche Käfer und Grashüpfer. Morgen will uns Michael zu weiteren Locations bringen, wo Cryptos wachsen.
[nggallery id=424]
13. Juli 2013 – Welcome to the Jungle
Nach einem spartanischen Keks-Frühstuck mit einem Schluck Wasser ging es zum ersten Cryptocorynen-Standort. Etwas abseits zeigte uns Michael einen Standort von C. bullosa. Ein Großteil des Bestandes wuchs ausserhalb des Wassers in kompakt niedriger Form. Das Wasser war wegen des vielen Regens doch etwas trübe, so dass Unterwasseraufnahmen nicht lohnten. Nach dieser Location suchten wir dann einige Schwarzwasserhabitate auf, die jedoch alle aufgrund des vielen Regens vollgelaufen waren, so dass man die Wasserpflanzen nur erahnen konnte.
Somit stand für uns fest das wir nur noch Klargewässer aufsuchen wollten, die auch nach Regenfällen nicht trübe werden. Damit änderten wir Micheals Pläne und fuhren weiter in Richtung Nordost um ein Habitat mit Cryptocoryne striolata und Bucephalandra pygmaea aufzusuchen. Die Bucephalandra besiedeln in diesem Fall einige kleinere Felsen ausserhalb des Wasser, aber bilden auch größere Gruppen mit deutlich längeren Blättern unter Wasser.
Die Ufer dieses Habitats waren dicht mit Ooie grabowskii bewachsen, die bis vor kurzem noch zur Gattung Spitospata gezählt wurde. Auffällig sind die schön rosa gefärbten Scheinblätter mit dem darin stehenden Aronstab, der jede Menge kleiner Insekten anlockt. Die Stiche der Wespen hier tun ordentlich weh – das durfte ich erfahren, als ich ein paar Libellen neben dem Wespennest fotografieren wollte. Als sich die Wespen wieder beruhigt hatten, schoss ich dann dieses Foto.
Morgen früh steht eine lange Bootsfahrt in bisher kaum erforschte Gebiete an.
[nggallery id=426]
Tag 4
Aronstabgewächse standen heute auf der Tagesordnung. Von Sibu aus ging es mit dem vollklimatisierten Schnellboot in Richtung Kapit. Nach einer 3stündigen Fahrt legten wir in Kapit an und mieteten und ein kleines Holzboot, das uns weiter in den Dschungel bringen sollte.
Aufgrund des Niedrigwasser mussten wir allerdings vorzeitig die Bootsfahrt abbrechen und machten uns zu Fuss auf den Weg zu der Location. Das Habitat war ein ca. 20 Meter breiter Bach, schnellfließend und mit einigen kleinen Wasserfällen. Der Uferbereich ist mit vielen Aronstabgewächsen und Farnen bewachsen. Die am häufigsten vorkommende Pflanze am Ufer ist wohl Ooie grabowskii, deren Blüte hier allerdings etwas intensiver als an den anderen Locations war. Auch relativ häufig anzutreffen ist Aridarum paulescens mit weißen Blüten und deutlich schmaleren Blättern. Es gab außerdem natürlich viele Insekten wie Libellen, und auch Krabben konnten wir entdecken.
Nur an sehr wenigen Stellen ist eine extrem kleinblättrige Bucephalandra pygmaea „Kapit“ anzutreffen. Die keinen Horste wachsen in einem Abstand von einigen hundert Metern voneinander entfernt. In enger Gemeinschaft mit Bucephalandra pygmaea „Kapit“ trifft man auch immer wieder auf Piptospatha spec., die man leicht mit Bucephalandra motleyana verwechseln kann. Aufgrung dieser Tatsache ist auch diese Pflanze wohl für die Aquaristik geeignet. Besonders attraktiv sind die cremefarbenen Scheinblätter, die schön rot gemustert sind. Eine weitere Gattung aus dieser hier dominierenden Familie ist Homalomena spec. mit einer Wuchshöhe von ca. 40 cm. Sie dürfte an diesem Standort in der Regenzeit auch länger unter Wasser stehen.
Zum Abschluss unseres Trips entdeckte Stefan an einer lehmigen Felswand Microsorum pteropus trident. Diese Pflanze ist in der Aquaristik als Javafarn-Rarität bekannt. Sie hat eine besonders filigrane Blattstruktur.
keep on plantahunting
Stefan & Chris
[nggallery id=427]
Tag 5 – Time out am Hose Mountain
Eine halbe Stunde von Kapit liegt der Hose Mountain. Mit einem geliehenen Auto ging es also bergauf und -ab, bis plötzlich die Strasse zu Ende war. Ein freundliches Schild machte uns auf die verschiedenen Gefahren aufmerksam, die hinter diesem Straßenende lauerten. Nach wenigen Gehminuten hatten wir schon das Bachufer erreicht. Auch hier bot sich das typische Bild, das wir schon die letzten Tage gesehen hatten – Aronstabgewächse, wohin das Auge auch blickte. Im klaren Wasser konnte man nur wenige Fische entdecken, die zumeist einer Garra-Art ähnlich sehen, und auf Steinen nach Aufwuchs suchten. Schnecken hingegen konnten wir 2 Arten finden, eine Viviparidae- und eine Brotia-Art.
In einem kleinen Rinnsal im Oberlauf des Baches konnte Chris eine wohl bis dahin unbekannte relativ kleine Großarmgarnele der Gattung Macrobrachium ausmachen. Die Tiere sind mit nur 3–4 cm wohl ausgewachsen. Die weissen Scherenspitzen konnte man deutlich in dem mit Laub bedeckten kleinen Pools sehen, die sich hier im Bach gebildet hatten.
Auch eine für uns noch neue Art war Schismatoglottis roseaspatha. Die Pflanze wird ca. 40–50 cm hoch, mit schmalen glänzenden Blättern, die stark an einige bekannten Anubias-Arten im Handel erinnern. An einigen Stellen konnten wir auch submerse Bestände entdecken, die hier allerdings nur wenige cm hoch waren. Es scheint, dass die Pflanze unter Wasser wesentlich kleiner bleibt. Bevorzugt wächst sie auf Felswänden. Sie könnte daher eine attraktive Bereicherung im Aquascaping sein. In diesem Habitat konnten wir außerdem die uns schon bekannte Bucephalandra pygmaea „Kapit“entdecken, die an manchen Stellen zusammen mit Schismatoglottis roseaspatha wuchs.
[nggallery id=428]
Viele Leute fragen mich immer wieder, welches Equipment ich zum Fotografieren nutze. Ich bin kein Profifotograf, aber ich kann euch gern sagen, was ich mache, um ein gutes Bild zu erhalten … es liegt nicht allein an der Kamera und am Objektiv! Wenn man gute Bilder machen will, muss man ein paar Dinge im Hinterkopf behalten. 1. Das wichtigste ist das Wetter: Fotografiert niemals in der vollen Sonne! Am besten ist ein bewölkter Himmel. Das Licht ist gleichmäßiger, und man bekommt keine harten Kontraste ins Bild! 2. Verwendet ein Stativ! 3. Verwendet einen Kabelauslöser. 4. Die digitale Spiegelreflexkamera kann von Canon, Nikon oder von einer anderen Firma kommen. 5. Verwendet für Makrofotos ein Makro-Objektiv (ich verwende ein Sigma 105 für Aquarienbilder, ein Tamron 180 für Makros in der Natur und auch eine 17–35 Weitwinkellinse mit Polfilter und Graufilter … manchmal. 6. Kein Blitz! 7. Seid geduldig und arbeitet hart – LG Chris.
Tag 6
Nach einer 3-stündigen Bootsfahrt von Kapit nach Sibu gelanten wir dann erst nachmittags an einem Habitat mit C. bullosa an. Auch dieser Standort ist extrem beschattet, und auf mehreren Kiesbänken finden sich dichte Wasserkelchbestände. Ein Großteil dieser Pflanzen wuchs auf mittlerweile trocken gefallenen Stellen. Dort trieben die Pflanzen auch schon erste emerse Blätter aus.
Eine bisher uns unbekannte Macrobrachium-Art versteckte sich im Uferbereich unter Steinen. Die Tiere haben ein schickes gelb- oder orangefarbenes Streifenmuster auf dem Pleon und werden wohl nur 4 bis 5 cm groß. Auch eine Krabbenart versteckte sich unter größeren Steinen.
Von hier aus fuhren wir schnell weiter, um noch ein weiteres Habitat aufzusuchen, das laut Michael Lo eine weitere Varietät von Cryptocoryne striolata enthielt. Diese Pflanzen wuchsen teilweise im Wurzelgeflecht größerer Bäume in stark schattigen Bereichen. Neben den Cryptos fanden wir 2 weitere Macrobrachium-Arten und 2 Krabbenarten, davon eine mit schönen orange-farbenen Scheren. Auch einige Fische gab es hier.
An den Ufern dieses kleinen Baches wuchsen viele Pandanuss-Schraubenbäume. Ihre stark gezähnten Blattränder machten das Bewegen im Habitat extrem schmerzhaft …
Stefan & Chris
[nggallery id=429]
Tag 7
Letzte Nacht hat es viel geregnet, doch am Morgen scheint die Sonne. Optimale Bedingungen für einen Trip, um ein Habitat mit C. bullosa und C. ciliata aufzusuchen.
Der Standort, ein kleiner Bach, war allerdings schwer zu erreichen, da die Ufer sehr steil und schlammig waren. Unter der dichten Ufervegetation entdeckte Stefan erste Farnpflanzen, die auf Stein und Wurzeln am Ufer wuchsen.
Hierbei handelt es sich um eine Farnart, die Microsorum pteropus sehr ähnlich sieht, die allerdings etwas härtere und glattere Blätter hat und deren Sporenpakete nur auf der Blattunterseite am Blattrand vorhanden sind. Bei Hochwasser in der Regenzeit wächst diese Pflanze unter Wasser. Außer den Pflanzen konnten wir hier eine Krabbenart der Gattung Perisesarma finden sowie Nashorngarnelen, und da dieser Bach sich nicht weit von der Gezeitenzone befand, auch noch einige Schnecken der Gattung Neritina.
Das zweite Habitat an diesem Tag war ebenfalls ein kleiner Bach – allerdings sehr felsig und das Wasser braun gefärbt. Hier zeigte uns Michael eine wohl neue Bucephalandra-Pflanze die B. motleyana sehr ähnlich sieht. Ob es sich hier um eine neue Art handelt oder eine neue Varietät von C. motleyana, ist bisher noch offen. Ebenfalls konnten wir in diesem Habitat eine Macrobrachium-Art und wieder einige Krabben entdecken. Auf der Rückfahrt nach Kuching traf uns dann eine heftige tropische Regenfront, so dass man keine 5 Meter weit sehen konnte.
Nasse Grüsse aus Kuching/Borneo, Sarawak
Stefan & Chris
[nggallery id=430]
Und am achten Tag schuf Gott den Plantahamster …
Nach einer verregneten Nacht erwartete uns ein strahlend blauer Himmel. In der Nähe von Kuching, etwa 40 km nordöstlich, ging es in die Berge. Jungle Mike – wie Michael Lo auch genant wird – wollte uns eine weitere Location von Bucephalandra motleyana zeigen. Außerdem meinte er, dass für Chris ein paar Krabben den Berg bewohnen. Natürlich wollte Chris erstmal die Krabben anschauen: die Sarawak-Landkrabbe, Lepidothelphusa cognetti. Diese Krabben findet man unter Laub in der Nähe der kleinen Rinnsale.
Die Überraschung war allerdings perfekt, als Chris eine zweite Krabbenart in demselben Habitat entdeckte. Es handelte sich hierbei vermutlich um eine Geosesarma-Art, die G. nothophorumsehr ähnlich sieht und beeindruckend rote Eier trägt. Auch sie lebt im feuchten Laub bei den schmalen Wasserläufen.
Nach dem Krabben-Photoshoot ging es dann zu dem kleinen Bach, der etwas weiter im Inneren des Dschungels lag. Hier fanden wir einen sehr schönen Bestand von B. motleyana vor, die auf den Felsen am Bachufer wuchsen. Ihr Habitus erinnerte sehr stark an das Wachstumsverhalten von Anubias in Afrika. Einige Felsen waren auch mit dem Moos Hyophylla involuta bewachsen. Einige kleinere Felsen könnte man direkt in ein Aquascaping-Aquarium setzen – so schön sind die Pflanzen drauf gewachsen. Nach den ersten 2 kurzen Regenschauern dachten wir, es könnte weitergehen mit dem Fotografieren – doch dann wurde der Dschungel dunkel und die Regenhölle von Sarawak tobte sich an uns aus. Der tropische Sturm ließ diesen Bach innerhalb weniger Minuten zu einem Wildbach werden.
Cheers
Chris und Stefan
[nggallery id=431]
Tag 9
Mit viel Ananas und Melone zum Frühstück ging es gestärkt zum letzten Pflanzenhabitat. Ca 1,5 Stunden von Kuching entfernt zeigte uns Michael einen weiteren wild romantischen Dschungelbach, den sich ebenfalls Bucephalandra motleyana als Standort ausgesucht hatte. Diese Standortvariante unterscheidet sich allerdings von der gestrigen durch dunklere, eiförmigere Blätter, und ihre Blattstiele schienen kürzer und nicht so rötlich.
An dem steinigen Ufer wuchs ebenfalls ein wunderschönes Moos das wir als Starmoss (Hyophyla involuta) kennen. Die Szenerie könnte aus einem gut gescapten Aquarium stammen – doch auch hier sieht man, dass die Natur es manchmal sogar besser kann. Eigentlich hätten wir Stunden hier verbringen können, doch die Wettervorhersage meinte, ein Sturm würde auf die Gegend um Kuching treffen (noch einer).
Ein besonderer Höhepunkt waren dann an diesem Tag die Begegnung mit unseren nächsten Verwandten – den Orang Utans. Es ist schon etwas besonderes, die Tiere in freier Wildbahn zu sehen. Morgen geht es nochmal zu den blauen Krabben, und am Sontagmorgen verlassen wir dann Sarawak (Malaysien).
Es grüssen der Plantahunter Stefan und Chris der Crustahunter
[nggallery id=432]