
von กะเรียนเหล็ก (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Spaghetti sind toll – Kinder lieben sie. Ihre Form, ihre Haptik, alles an ihnen ist bei den meisten Menschen positiv verknüpft.
In den Anfängen der Garnelenhaltung war noch nicht viel über die Tiere bekannt, und so wurde gerade beim Futter vieles ausprobiert. Etwas, das sich immer noch hartnäckig aus dieser Zeit hält, ist die Fütterung von rohen Spaghetti im Garnelenbecken. Ihre Form erlaubt es, sie einfach in den Bodengrund zu stecken, sie sind billig, in praktisch jedem Haushalt vorhanden, die Garnelen stürzen sich nachgerade darauf, wir verbinden sie in positiver Weise mit leckerem Essen – also müssen sie gut sein. Richtig?
Falsch. Spaghetti bestehen zu über 90% aus Stärke. Was die Garnele nicht frisst, landet unweigerlich im Wasser – von der ersten Sekunde an, die die Spaghettinudel im Becken ist. Dort wird Stärke bevorzugt von Bakterien abgebaut. Lässt man Spaghetti zu lang im Wasser, werden sie matschig (dann geht auch keine Garnele mehr daran) und lösen sich mehr und mehr auf. Auf Dauer befördert man mit regelmäßiger Spaghettifütterung (öfter als 2x im Monat) den Bakterienwuchs im Aquarium in unglaubliche Dichten – was Garnelen immens schadet. Unsere Krabbler kommen ursprünglich aus sehr sauberen Gewässern, und gerade Bachgarnelen wie Bienen, Tiger oder gar Shadows kommen mit hohen Bakteriendichten überhaupt nicht gut zurecht. Man bezahlt diese Art der Fütterung mit einer sehr geringen Überlebensrate bei Junggarnelen. Lässt man die Spaghetti zu lang im Wasser, kann das zu einer heftigen Bakterienblüte mit Sauerstoffzehrung führen, was zum unmittelbaren Tod der Garnelen im Becken führen kann – sie ersticken. Bricht die Spaghetti beim Herausziehen ab, bleibt der Rest im Bodengrund stecken. Dort wird er anaerob von Bakterien abgebaut, die dabei nette Dinge wie Methan oder Schwefelwasserstoff produzieren – Gase, die Garnelen schaden oder sie sogar töten können. Krankheiten sind in einem solchen Becken vorprogrammiert, da durch die konstante Belastung mit Schadstoffen und Bakterien das Immunsystem der Tiere immens geschädigt wird und ihre Abwehrkräfte schwinden.
Aber die Tiere stürzen sich doch darauf, das muss doch gut für sie sein? Auch falsch. Garnelen stürzen sich auf alles neue, was ins Becken kommt. Steckt mal versuchsweise ein Schaschlikstäbchen in den Bodengrund, das sieht nach kürzester Zeit genauso aus wie eine Spaghetti – von oben bis unten mit weidenden Garnelen voll. Dieses Phänomen funktioniert auch mit neuen Steinen, neuen Pflanzen … Garnelen sind neugierige Tiere und untersuchen alles, was sie noch nicht kennen. Dies allein ist also kein Indiz für die Güte eines Futters.
Ich mache aber einmal die Woche 50% Wasserwechsel, damit entferne ich doch Bakterien und Schadstoffe? Richtig, du entfernst 50% der Bakterien und Schadstoffe. Und der Rest? Bleibt im Becken, wo er sich über die Zeit immer mehr und mehr ansammelt. Den Effekt auf die Garnelen sieht man leider nicht sofort, aber im Laufe der Zeit werden sie immer mehr geschwächt, und irgendwann geht das große Sterben los. Eingeschickte Proben von Becken mit massiv sterbenden Garnelenpopulationen ergaben erschreckende Bakterienwerte, die durch mangelhaften Wasserwechsel (der dennoch konsequent bei 50% in der Woche lag) und Überfütterung ausgelöst wurden. Leider überfüttern die allermeisten Garnelenhalter ihre Tiere und belasten so das Wasser ohnehin stark.
Aber Garnelen brauchen doch Stärke zur Energiegewinnung? Das ist richtig. Aber in der Natur enthält ihr Futter einen sehr viel geringeren Stärkeanteil als Spaghetti. Speziell für Garnelen entwickeltes Futter wird immer auch etwas Stärke enthalten – das Schlüsselwort hier ist „etwas“. Bei Spaghetti sind die Verhältnisse der Nährstoffe sehr stark verschoben, sie entsprechen nicht denen in dem Futter, das die Tiere in der Natur vorfinden.
Durch Spaghettifütterung bringt man einen Risikofaktor ein, der einfach auszuschalten wäre, würde man sich besinnen, was die Tiere in der freien Wildbahn fressen – Algen, Mikroorganismen, sich zersetzende Blätter, auch mal den einen oder anderen Grashalm, der ins Becken gefallen ist, Insektenlarven, tote ins Wasser gefallene Insekten und anderes Aas. In ihren Bächen haben die Tiere jede Sekunde einen Wasserwechsel von 100%, sind also keimarmes frisches Wasser gewöhnt. Eine maßvolle Fütterung mit der Natur abgeschauten oder natürlichen Futtermitteln ist der vermenschlichenden Spaghettifütterung definitiv vorzuziehen! Dasselbe gilt übrigens für alle stark stärke- und zuckerhaltigen Nahrungsmittel – auch Bananen, Trauben, Kekse, Brot, Haferflocken und so weiter haben in Garnelenbecken nichts verloren.